Busenfragen

Harald Martenstein weiß, warum Frauen keine netten Männer wollen


Mir ist aufgefallen, dass einer der ältesten deutschen Popstars, Dieter Bohlen, seinen Freundinnen immer neue Namen gibt, sobald sie seine Freundinnen geworden sind. Eine Freundin hieß Nadja. Als er sie zum Weibe nahm, sprach eine Stimme: »Ab heute heißt du Naddel.« Die nächste Freundin hieß Stefanie. Dieter Bohlen, oder sonst jemand, sagte: »Dein Name sei Estefania.« Die nächste Freundin, eine angehende Hotelfachfrau mit Abitur, hieß Fatma. Jetzt heißt sie »Karina«. Die Praxis, bei Antritt einer wichtigen Aufgabe einen neuen Namen anzunehmen, gibt es sonst nur bei Päpsten.

Ich habe ein Interview mit dem Exfreund von Fatma-Karina gelesen. Der Exfreund, ein Student, offenbar ein netter junger Mann, hat mit Fatma-Karina, mit der er seit drei Jahren zusammen war, auf Mallorca Urlaub gemacht. Dort fiel in einem Klub das Auge von Dieter Bohlen, der gerade seine Trennung von Stefanie-Estefania mental verarbeitete, auf Fatma-Karina. Der Exfreund, der damals noch Freund war, dachte sich nichts dabei. Er war nicht der eifersüchtige, besitzergreifende Typ, er war eher der Typ »neuer Mann«. In dem Interview äußert er sich auf geradezu schulmäßig feministische Weise besorgt darüber, dass Fatma, wie sie damals noch hieß, sofort ihre Ausbildungsstelle verlassen hat. Er sagt: »Fatma ist die Beste ihres Jahrgangs. In fünf Monaten wäre sie fertig gewesen. Wieso macht sie sich plötzlich so abhängig von diesem Typen? Wenn das schief geht, ist sie blamiert bis auf die Knochen.« Fatma-Karina selbst sagt in Interviews, dass sie Bohlen heiraten will, zu ihrem Exfreund soll sie gesagt haben: »Ich bin jetzt mit einem Promi zusammen.« Bohlen wird mit der Aussage zitiert, dass Fatma-Karina sich ihren Busen vergrößern lassen soll, er bezahlt das.

Wenn ein Mann zu erkennen gibt, dass es ihm bei den Frauen hauptsächlich auf das Äußere ankommt, dann gilt er als prollig und als Macho, und die Feministinnen lästern über ihn. Gleichzeitig ist mir keine einzige Frau bekannt, die mit einem Mann dauerhaft zusammen wäre, der status- und karrieremäßig ein bis zwei Etagen unter ihr rangiert. Solche Fälle sind extrem selten. Höchstens, dass die Frau den Mann im Laufe der Zeit überholt hat, wie im Fall von Angela Merkel. Das geht gerade noch so. Den Männern nützt es bei den meisten Frauen wenig, wenn sie verständnisvoll und profeministisch sind wie der Student, wenn sie nett sind und ihr Charakter über jeden Zweifel erhaben ist. Im Gegenteil! Nette Männer mit gutem Charakter enden häufig als Sachbearbeiter in der vierten Reihe, denn da draußen musst du böse und hart sein können, wenn du nach oben kommen möchtest.

Die Karriere ist der Busen des Mannes. Leider kann man sich die Karriere nicht in einer Klinik künstlich vergrößern lassen. Deswegen sind wir Männer das benachteiligte Geschlecht. Die Redakteure sagen: »Wir machen etwas über das neue Selbstbild der Frau. Schreib über die neue Frau!« Meiner Ansicht nach sollten sich die Frauen, was die Emanzipation betrifft, auch einmal, wie Dieter Bohlen sagen würde, an das eigene Näschen fassen.

DIE ZEIT, 14.09.2006 Nr. 38